Was ist Amazon Marktplatz 360?
Lange Zeit hat Amazon bei seinen B2B Kunden einen klaren Strich durch den Verkäufer-Support gemacht. Während Vendoren (einen für Amazon und der Kategorie entsprechend „attraktiven“ Umsatz vorausgesetzt) einen Vendor Manager an ihrer Seite hatten, der ihnen mit allen Belangen zu Bestellprozessen, Änderungen der Produktdaten und generellen Fragen zur Seite stand, sind Seller bis dato mit einem allgemeinen Seller-Support abgespeist wurden. Das Perfide daran: Einige Seller sind oftmals umsatztechnisch deutlich größer als Vendoren mit einem direkten Support. Dennoch war bis dato immer nur der allgemeine Amazon-Seller-Support in Kombination eines eröffneten Falls der einzige Kontaktpunkt zum Marketplace, wenn es um Probleme und Fragen ging. Genau diese Lücke wird nun durch das Programm „Amazon Marktplatz 360“ scheinbar geschlossen. Das Programm wurde Anfang 2018 in den USA gestartet und existiert seit dem 01.05.2019 auch für deutsche Seller auf Amazon.de.
Welche Vorteile bietet Amazon Marktplatz 360?
Nach eigenen Aussagen gewährt Amazon mit seinem „Marktplatz 360“ Programm größeren und umsatzstarken Sellern einen „direkten Zugang zu Wissen und Expertise rund um alle Amazon Marktplatz-Programme“. Nicht mehr der allgemeine Seller-Support ist bei der Teilnahme am Marktplatz-360-Programm zuständig, sondern ein dezidierter „Amazon Experte“ oder „Marketplace Specialist“, wie er intern genannt wird. Amazon benennt hier vier wesentliche Vorteile des Programms:
Amazon Marktplatz 360 „Specialist“
Ein zugewiesener Marketplace Specialist kümmert sich als persönlicher und direkter Ansprechpartner für den Seller um all seine wirtschaftlichen und strategischen Ziele. Er soll nach Aussage von Amazon vor allem dabei helfen, eine gezielte Umsatzsteigerung zu erreichen. Zudem soll der Amazon Mitarbeiter über ein breites Wissen zu allen Features der SellerCentral verfügen und hier direkt weiterhelfen können.
Amazon Marktplatz 360 „Businessplan“
Der Amazon Specialist erstellt zusammen mit dem Seller eine dezidierten Businessplan, um die künftige Umsatzentwicklung des Kontos und die Unternehmensstrategien des jeweiligen Verkäufers detailliert mitzuverfolgen. Es sollen im Rahmend es Amazon Marktplatz 360 Programms auch „verkaufsfördernde Maßnahmen“ besprochen.
Amazon Marktplatz 360 „Premium Verkäuferservice“
Kein Ticketsystem und unpersönlicher Support mehr: Der zuständige Amazon Mitarbeiter kümmert sich nun im Rahmen des Programms direkt um alle Probleme, die über den Verkauf mit Amazon, den Berichten oder Werbemaßnahmen entstehen können. Damit nimmt er auf Seller-Seite quasi die Rolle des Vendor Managers ein. Auch operative Hilfestellung soll der Marketplace-Specialist künftig leisten können.
Amazon Marktplatz 360 „Verkaufsförderung“
Um die Sichtbarkeit der eigenen Produkte auf dem Amazon Marktplatz zu steigern, soll der Marketplace Specialist künftig in Absprache mit dem Seller umsatz- und absatzfördernde Maßnahmen steuern können. Auch bei der Optimierung bestehender PPC-Kampagnen und die optimale Verwendung des Werbebudgets soll das Martkplatz-360-Programm nun direkt weiterhelfen.
Wer kann am Amazon Marktplatz 360 Programm teilnehmen?
Wie auch schon das Vendor-Programm funktioniert Marktplatz 360 ebenfalls nur mit entsprechender Einladung. Seller, die umsatzstark genug sind (ca. ab 30.000 EUR Bruttoumsatz pro Monat) und über eine ausgezeichnete Verkäuferperformance verfügen werden vom sogenannten „Marketplace Specialist“ zum Programm eingeladen.
Nachdem der Zugang zu Amazon Marktplatz 360 gewährt wurde, wird ein gemeinsamer Businessplan zwischen Amazon und dem Seller ausgearbeitet und dieser für die weitere Grundlage der Zusammenarbeit und für die Weiterentwicklung von Umsatz und Verkäuferkonto genutzt. Durch regelmäßige Abstimmungsrunden soll sichergestellt werden, dass der Businessplan auch eingehalten werden kann. Bei operativen Problemen und Fragen rund um PPC und Sales ist der hauseigene Marketplace-Specialist von Amazon ebenfalls fortan zuständig.
Was kostet Amazon Marktplatz 360?
Generell setzt Amazon bei seinem neuen Marktplatz 360 Programm auf ein zweistufiges Gebührenmodell. Neben einem monatlichen Fixum von 1.600,00 EUR (netto) verlangt Amazon eine variable Gebühr von 0,3% vom vergangenem Monatsumsatz. Beträgt also der monatliche Bruttoumsatz des Sellers 60.000 EUR, so ergibt sich eine Gebührt seitens Amazons in Höhe von 1.780,00 EUR: 1.600,00 EUR Monatsgebühr + 0,3% vom Umsatz (entspricht hier 180,00 EUR). Derzeit (Stand Mai 2019) besteht ein Kostendeckel von 5.000,00 EUR Gesamtkosten, die beim Marktplatz 360 Programm anfallen können.
Fazit zu Amazon Marktplatz 360
Derzeit ist noch völlig unklar, ob und was genau Amazon mit seinem „Marktplatz 360“ Programm wirklich im Stande ist zu leisten. Bis dato war der offizielle und allgemeine Seller-Support mehr als dürftig und alles andere als hilfreich. Das neue Programm scheint eine direkte Reaktion von Amazon aufgrund der großen Nachfrage nach professioneller Hilfe und der vielen Verkäuferbeschwerden über schlechten Service zu sein. Generell ist die Idee zu diesem Programm positiv zu bewährten, wenn der sogenannte „Marketplace Specialist“ auch wirklich über echtes Know-how und ausgeprägte Expertise rund um die SellerCentral, PPC und Marktplatz-Strategie verfügt. Vor zu viel Euphorie sei jedoch gewarnt, denn die Vergangenheit auch im Rahmen des Vendorprogramms (also quasi dem Pendant für Marken und Lieferanten) hat gezeigt, dass es wie immer vom einzelnen Mitarbeiter abhängt, ob und wie gut geholfen werden kann. Abschließend bleibt jedoch bis dato die starke Vermutung im Raum stehen, dass „Amazon Marktplatz 360“ im Wesentlichen dazu dienen soll, den Seller und seine Produkte mehr an Amazon zu binden und den Umsatz für Amazon zu steigern.
In jedem Fall ist es empfehlenswert, die Meinung eines „unabhängigen“ Dritten (z.B. externen Amazon Berater oder eine professionelle Amazon Agentur) in die Operative und strategische Planung mit einzubeziehen. Sich nur blind auf die Aussagen eines internen Amazon Mitarbeiters zu verlassen, darf nicht das Ziel sein.